Kaum ein Lächeln sieht man auf den Gesichtern fremder Menschen. Da jemand Unbekanntes für eine Umfrage anzusprechen fällt natürlich gar nicht so leicht:
"Nee, nicht die. Die schaut so böse."
"Na gut, die anderen schauen aber auch nicht freundlicher..."
Doch ich selbst bin da vermutlich auch nicht besser. Wer sich einmal selber ein bisschen beobachtet, wird merken, dass man auch nicht die ganze Zeit mit einem Dauergrinsen auf dem Gesicht durch die Gegend läuft. Und dabei würde das doch sicher sehr gut tun...
Um das zu ändernd und sich selbst und anderen mal was Gutes zu tun, lautet die Frage dieses Selbstversuchs:
Schaffen wir es einen Tag lang durchgehend zu lächeln? Und was für Auswirkungen hat das?
Wenn man das Internet ein wenig durchforstet, findet man viel zu der Wissenschaft der Gelotologie - der Lachforschung. Viel zu lachen hat eine durch und durch positive Auswirkung auf unseren Körper und Geist. Es reduziert Stress und lässt das Gehirn Endorphine ausschütten, die zu unserem Wohlbefinden beitragen - also gute Gründe einen Tag lang mal mehr zu lachen als sonst.
Denn unser normaler Gesichtsausdruck ist eher dieser hier:
Doch heute wollen wir versuchen so oft wie möglich so auszusehen:
Das schaut doch gleich viel besser aus!
Ich liege schon seit einigen Minuten mehr oder weniger wach im Bett. Sehr glücklich sehe ich dabei vermutlich nicht aus. Bis mir der Selbstversuch wieder einfällt: "Du wolltest doch heute den ganzen Tag lang lächeln!"
Und so werden die Mundwinkel sofort ein Stück höher gezogen. Mal sehen wie gut es klappen wird.
Zu Beginn scheint die Aufgabe noch recht einfach zu sein. Doch schon bald kommt mir der Gedanke, dass sich so wohl die Leute fühlen müssen, die in Werbespots mitspielen: grundlos bei den alltäglichsten Dingen wie Frühstück machen oder Duschen zu lächeln, kann sich auch irgendwie komisch anfühlen.
Noch tun mir die Gesichtsmuskeln nicht weh und das Dauergrinsen bleibt auf meinem Gesicht. Doch langsam kommen Schwierigkeiten auf:
andauernd zu lächeln ist gar nicht so einfach wenn zum Beispiel gerade die Teetasse übergeschwappt ist oder man dem Freund einen genervten Blick zuwerfen muss. Dieser macht schnell sein eigenes Spiel daraus und es scheint ihm furchtbar viel Spaß zu machen mich zu ärgern und gleichzeitig zu rufen: "Du musst weiter lachen!"
Tja, sonst wäre die Aufgabe ja offenbar zu einfach...
Auch beim Schauen eines eigentlich nicht gerade lustigen Films, ist es nicht so einfach die ganze Zeit über zu lächeln. Dafür nehmen mich die traurigen Szenen allerdings nicht so sehr mit wie sonst.
Ab und zu merke ich natürlich, dass ich das Lächeln in den letzten paar Minuten vergessen habe und schaue dann aber sofort wieder freundlicher.
Auch merke ich, dass ich dadurch tatsächlich entspannter bin. Außerdem hilft es geduldiger zu sein, wenn zum Beispiel die Technik mal wieder nicht so will, wie man selbst.
Nur wenn ich mich wirklich auf etwas konzentrieren muss - lesen oder arbeiten am Laptop - ist es wirklich schwer das Lächeln nebenbei nicht zu vergessen.
Gegen Ende des Tages fühle ich mich tatsächlich super! Eigentlich neige ich dazu, manchmal grundlos schlecht gelaunt zu sein, doch mit dem Dauerlächeln kann das gar nicht erst aufkommen. Auch habe ich mich nicht so leicht von kleinen Dingen ärgern lassen wie es sonst so oft passiert, wenn ich mich danach sofort wieder zum Lächeln gezwungen habe. Und einen Krampf der Gesichtsmuskeln habe ich bis jetzt auch noch nicht bekommen.
Es scheint also ein echter Schlechte-Laune-Killer zu sein, den ich wohl öfter einmal anwenden sollte.
Mein Fazit: Es ist doch schwerer als gedacht, sich einen Tag lang ständig ans Lächeln zu erinnern - durchgehend ohne Pause habe ich es nicht geschafft. Für jeden Tag ist dieses Dauergrinsen definitiv zu anstrengend, jedoch habe ich gemerkt, dass es gut tut öfter einmal ganz bewusst zu lächeln.
Für das neue Jahr ist das auf jeden Fall ein guter Vorsatz!
Meinem näheren Umfeld ist mein Versuch übrigens gar nicht aufgefallen. Vielleicht hätte mein Lächeln noch ein wenig breiter sein müssen. Aber ich bin mir sicher, auch bei anderen Menschen kann ein nettes Lächeln, das man ihnen zuwirft, viel bewirken :)
Anja S. Fazit:
Nachdem mir regelmäßig vorgeworfen wird, dass ich immer böse schaue, möchte ich eine Sache vorweg klären: Ich schaue nicht böse - das ist mein Gesicht. Tut mir Leid. Ich kann nichts dafür. Gerade deshalb wäre es doch interessant zu wissen, wie die Leute reagieren, wenn ich - die preisgekrönte Dauergrantlerin (Anm. grantig = mürrisch) - mal breit lächelnd durch den Tag spaziere.
Ich bemühe mich den Tag über also sehr, ein Lächeln aufzusetzen und gute Laune zu verbreiten. So ganz klappen will es aber leider nicht. Entweder ich vergesse es, oder ich schaue peinlich berührt zurück, wenn in der U-Bahn doch mal jemand zurückschaut. Ich kam mir die meiste Zeit wahnsinnig dämlich vor, weil mir das künstliche Lächeln nicht so recht gelingen wollte. So ein bisschen erinnerte mich das ganze an meine erste Yoga-Stunde: Man geht mit der Erwartung einer lebensverändernden Erleuchtung rein und dem Vorsatz das nie wieder zu tun raus.
Mich hat das Lächeln genervt und ehrlich gesagt sogar ein bisschen traurig gemacht.
Trotzdem oder gerade deswegen lautet ein Neujahrsvorsatz von mir: Glücklich sein. Und zwar nicht, weil es von mir erwartet wird oder mir irgendein Experiment vorschreibt, dass ich lächeln muss, sondern ganz einfach weil ich mich wieder mehr an den kleinen Dingen im Leben erfreuen sollte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Kommentar