Um trotz des unwinterlichen Wetters noch ein bisschen in besinnliche Weihnachtsstimmung zu kommen, haben wir also ein Experiment vorbereitet, das eine Frage beantwortet, die sich vielleicht schon der ein oder andere gestellt hat:
Kann man 12 Stunden lang Last Christmas hören ohne Langzeitschäden davon zutragen?
Gibt es wirklich Menschen, die so bescheuert sind und das ausprobieren?
Offensichtlich ja, denn wir nehmen die Herausforderung an!
Um 13 Uhr habe ich mir den One-Hit-Wonder von Wham! von iTunes heruntergeladen und sofort den Replay-Modus aktiviert. Für heute ist Last Christmas der Soundtrack zu meinem Leben.
Kommentare von Anja M.: Ich habe sogar schon um 9 Uhr früh mit dem Song angefangen.
Der Song wird relativ schnell zur Hintergrundmusik, da ich damit beschäftigt bin Fotoalben zusammenzustellen und Geschenke einzupacken.
Am Anfang ist es auch bei mir noch ganz erträglich. Manchmal singe ich sogar mit. Hoffentlich hört mich keiner!
Mein Handy-Akku leidet momentan noch mehr als ich. Zugegebenermaßen, zwischen 15 und 16 Uhr habe ich dann doch den Fernseher zur Unterstützung herangezogen, aber natürlich trotzdem immer brav Last Christmas gespielt. Den restlichen Nachmittag jedoch bleibe ich Wham! komplett treu.
Um die Mittagszeit muss ich ein paar Erledigungen in der Stadt machen. Über Kopfhörer ist Last Christmas immer im Ohr. Langsam nervt es...und die 12 Stunden sind noch nicht einmal zur Hälfte um!
Um 18 Uhr rollt meine erste Aggressions-Phase an. Eigentlich habe ich den Song nie direkt gehasst, aber das ändert sich jetzt grundlegend.
Der Song wird zu einem andauernden Hintergrundgeräusch, welches ich gar nicht mehr bewusst wahrnehme. Aber ich merke, wie die unablässige und sich immer wiederholende Beschallung den Körper irgendwie belastet. Langsam bekomme ich Kopfschmerzen.
Mittlerweile habe auch begriffen, dass das lyrische Ich ein Idiot war und sein Herz dieses Jahr jemandem Besonderen schenken wird. Diese Zeile wird dann übrigens sechs mal wiederholt. Um sicherzugehen, dass wirklich jeder den Herzschmerz nachvollziehen kann. Ich beginne mich langsam zu fragen, warum dieser Titel an Weihnachten so dermaßen tot gespielt wird. Es gäbe doch so viel schönere Weihnachtssongs...
Bei mir ist das Gejammer von Wham! selbst beim Serie schauen und telefonieren dabei. Danach versuche ich noch irgendetwas sinnvolles zu machen, doch ich kann mich auf nichts richtig konzentrieren. Untätig liege ich auf dem Bett rum...
Gegen 21 Uhr packe ich dann Freund und Gepäck ins Auto und mache mich auf zu meinen Eltern. Da ich fahre, muss ich leider auf Kopfhörer verzichten und mein Freund leidet mit. Die Fahrt verläuft jedoch bis auf regelmäßige Streitigkeiten über die Lautstärkeregulierung ereignislos ab.
Um 21 Uhr sind für mich die 12 Stunden ein Glück schon rum. Mehr Weihnachtsstimmung ist definitv nicht aufgekommen und die Stille nach dem Abschalten ist nun wunderbar entspannend!
Meine Stimmung wechselt hin und her zwischen vorweihnachtlichem Mitgegröhle und genervter Müdigkeit. Der Song kann nämlich (nach acht Stunden) ganz schön einschläfernd wirken. Jede halbe Stunde gelingt es den Verkehrsmeldungen die Dauerbeschallung zu unterbrechen. Konsequent wie ich bin werden diese blitzschnell weggedrückt (auf meiner Strecke hat es schließlich keinen Stau zu geben), aber insgeheim sehne ich mich nach der vergleichsweise brilliant-abwechslungsreichen Musikauswahl der Radiosender. Trotzdem bleibt es bei Last Christmas. Unterwegs beschallen wir übrigens auch einen Tankstellenwart, eine McDonalds-Angestellte sowie diverse Freunde und Familienangehörige (per Telefonat) mit dem Weihnachtshit.
Nach drei Stunden haben wir unser Ziel erreicht. Aber leider nicht das Ende der Last Christmas-Schicht. Mit schallendem Handy in der Hosentasche lade ich das Gepäck aus und begrüße meine Eltern. Mein Freund verabschiedet sich jedoch schneller als sonst und flitzt schnell nach Hause. Last Christmas und er werden heute wohl keine Freunde mehr.
Die letzten beiden Stunden verbringe ich mit meiner Mutter (und Wham! selbstverständlich) am Küchentisch. Nach einer Stunde ist auch sie wahnsinnig genervt. Mich stört der Song eigentlich überhaupt nicht mehr. Ich versuche allerdings ein bisschen genauer hinzuhören - besonders textsicher bin ich nämlich selbst nach elf Stunden noch nicht (abgesehen von dem Refrain natürlich!).
Um 1 Uhr nachts sind die zwölf Stunden vorbei. Ich bin müde, habe Kopfschmerzen und eine weitere Aggressionsphase bahnt sich gerade an, weshalb ich beschließe das Experiment zu beenden.
Obwohl ich normalerweise gerne mal rund um die Uhr Musik höre, tut die Stille heute richtig gut.
Der Song hat sich so bei mir eingebrannt, dass er sogar beim Einschlafen noch in meinem Kopf spielt. Am nächsten Morgen summt meine Mutter Last Christmas vor sich hin und mein Vater besteht darauf, den Song auch noch einmal zu hören, weil es "doch so schön war".
Auch bei mir hört das Lied beim Versuch einzuschlafen nicht auf. Kaum versuche ich mich zu entspannen und an nichts mehr zu denken, fängt der Song in meinem Kopf wieder von vorne an.
Aber ich empfinde den Song ehrlich gesagt als nicht nerviger als sonst auch. Irgendwie bin ich ein bisschen überrascht - meine Leidensgenossen, die ein oder zwei Stunden mitgehört haben sind um ein Vielfaches genervt als ich!
Als ich wenige Tage später in das Auto meiner Mitfahrgelegenheit Richtung Heimat steige, läuft doch tatsächlich prompt Last Christmas im Radio! Zum Glück ist es hier nach einem Durchlauf vorbei. Denn jetzt kann ich das Lied echt nicht mehr hören - für dieses Jahr zumindest.
Langzeitschäden haben wir glücklicherweise nicht davongetragen, aber für diesen Winter haben wir von dem Lied definitv genug!
Den Text kann ich übrigens immer noch nicht ganz.
Frohe Weihnachten!